Geschichte des Dolmetschen, Übersetzen
Sobald zwei sprachfähige Frühmenschen aufeinander trafen, dürfte sich der erste Bedarf an Dolmetschern gebildet haben. Man könnte daher fast vermuten, Dolmetscher sei der älteste Beruf der Welt.
Von den alten Ägyptern wissen wir, dass die Pharaonen und Beamten professionelle Dolmetscher beschäftigten: Herodot bezeichnet sie als einen der ägyptischen Berufsverbände. Sie arbeiteten in der Verwaltung, im Handel, im religiösen Leben und in der Armee. Die zuerst verwendeten Techniken dürften das Flüster- und das Konsekutivdolmetschen gewesen sein.
Im griechisch-römischen Raum gehörte Dolmetschen zum Alltag: Man sagt, dass in Alexandria sich jeder Schuhflicker in sechs Sprachen zu verständigen wusste. Allerdings lehnten es die Aristokraten als unter ihrer Würde stehend ab, etwas anderes als Lateinisch, Griechisch oder allenfalls Etruskisch zu gebrauchen, und beschäftigten für diese Zwecke mehr oder minder professionelle Dolmetscher. Cicero stellte damals die Grundregel auf, nur ein dummer Dolmetscher übersetze wortwörtlich.
Im Mittelalter blieb das römische Latein die Sprache, in der sich Menschen verschiedener Länder und Kulturen verständigten. Der Dolmetscherberuf gelangte dennoch zu höchstem Ansehen bei Geistlichkeit und weltlicher Führung. In den Zeitaltern der Entdeckung und der Kolonisation erlangten Dolmetscher größte Bedeutung bei Handel, Besiedlung und Unterwerfung der erkundeten Gebiete.
1721 gründete Frankreich die École des jeunes de langue, in der Studenten als Dolmetscher für orientalische Sprachen ausgebildet wurden. Österreich folgte 1754 mit der Orientalischen Akademie.
In der Zwischenkriegszeit kam es durch die wachsende
Internationalisierung zu einem verstärkten Bedarf an Dolmetschern auf
politischer Ebene. Der Zeitaufwand multinationaler Treffen und Reden machte es
bald nötig, verbesserte Techniken zu entwickeln, und das Simultandolmetschen
entstand.
Heute bietet allein die EU Simultandolmetschung in allen 23
Amtssprachen der Union, was mehrere hundert
Sprachkombinationen zulässt; hierfür ist zur Vereinfachung oft das
Relaisdolmetschen unerlässlich.